ÜBERSCHRIFT 15
14 ÜBERSCHRIFT
3. Angebotsphase
Fehler, die in der Angebotsphase gemacht wer-
den, können selbst durch gute Verhandlung nicht
mehr ausgeglichen werden.
Wir unterscheiden dabei die beiden Aspekte
Mengengerüst und Pricing.
Daumenregel
Zunächst die Lösung, dann das passende
Material und die Arbeitsstunden bestim-
men und erst danach die Preise festlegen.
Schlankes Angebot
In der Angebotsphase geht es darum, ein mög-
lichst schlankes Angebot abzugeben, das aus-
schreibungskonform ist. Hier sollte die angebote-
ne Lösung nicht über den Ausschreibungsumfang
hinausgehen. Der Optimalfall wäre, dass nach
Rücksprache mit dem Kunden eine alternative,
kostengünstigere Lösung angeboten wird, die
trotzdem auf den Kunden passt.
Upselling-Möglichkeiten sollten bestenfalls in der
Realisierungsphase angegangen werden, frühes-
tens in der Verhandlungsphase.
Erstangebotspreis
Nachdem das Mengengerüst festgelegt ist, sollte
sich der Unternehmer fragen, zu welchem Preis
der Auftrag wahrscheinlich gewonnen wird. Erst
nachdem der Zuschlags- und Ausstiegspreis ab-
geschätzt wurden, wird der Erstangebotspreis
berechnet.
Grund: Im Zuschlagspreis sind Preisnachlässe wie
Kundenhistorie, Wettbewerbssituation und Rabat-
te enthalten. Sollten alle Stricke reißen und trotz
guter Kundenbeziehungen der Preis unter dem
geschätzten Zuschlagspreis liegen, dann sollte je-
der Unternehmer seinen Ausstiegspreis kennen.
Minimalpreis
Die absolute Untergrenze bildet der Minimalpreis.
Um ein Verlustgeschäft zu vermeiden, ist es zwin-
gend erforderlich, dass der Handwerker eine klare
Kenntnis über die Höhe des Minimalpreises hat.
Dieser befindet sich in den meisten Fällen auf
Selbstkostenebene.
In Ausnahmenfällen kann der Preis auch unter
dem Minimalpreis liegen. Beispielsweise bei stra-
tegisch wichtigen Kunden oder bei einem „Tür-
öffnerauftrag“.
Stundensatzkalkulation
Die kostenbasierte Ermittlung der Preishöhe des
Auftrages ist im Handwerk Standard. Hier sollte
kein Handwerker auf eine Stundensatzkalkulation
verzichten, die genau auf sein Unternehmen zu-
geschnitten ist. Insbesondere zur Ermittlung
der Pricingmarge und des Ausstiegspreises ist
die Stundensatzkalkulation ein sehr wichtiges
Pricing-Instrument.
Sollte die festgelegte Pricingmarge bei Großaufträ-
gen nicht erreicht werden, so kann dies für Hand-
werker eine Unternehmenskrise bedeuten.
Eine Beschreibung der Stundensatzkalkulation
finden Sie in unserer Kanzleizeitung 01/2015 oder
auf unsere Homepage:
www.hecht-friedemann.dePreistaktik
Der zu erwartende Zuschlagspreis ist die Aus-
gangsbasis aller preistaktischen Überlegungen.
Deshalb kommt ihm in der Preistaktik eine beson-
dere Bedeutung zu. In die Preistaktik sollten frü-
here Erfahrungen miteinfließen: Bei welchem Preis
wurde ein Auftrag gewonnen, bei welchem verlo-
ren. Die eigenen Angebote und deren Erfolge und
Misserfolge sollten genau analysiert und festge-
halten werden. Hilfreich ist der Aufbau einer
Pri-
cing-Datenbank
in der alle Preisinformationen
festgehalten werden, auch die von Mitbewerbern.
4. Änderungskosten durchsetzen
Bei den Handwerkern kommt es bei der Auftrags-
bearbeitung häufig zu Änderungen oder Erweite-
rungen, die nicht im ursprünglichen Auftrag ent-
halten waren. Die tatsächlichen Mehrkosten der
Änderung sind nicht genau bekannt. Zu schnell
wird auf die Wünsche des „Kunden als König“ ein-
gegangen, ohne die Änderungskosten hinreichend
in Rechnung zu stellen. Durch geschickte Preis-
verhandlungen können bei nachträglichen Ände-
rungen zusätzliche Gewinne erzielt werden. Leider
ist oft das Gegenteil der Fall, und die kalkulierte
Preis-Marge und somit auch die Preisqualität ver-
ringern sich erheblich.
Power Pricing im Handwerk 15
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Der Preis ist heiß
5. Pricingmarge Soll/Ist
Durch eine mitlaufende Kalkulation des Auftrages
kann eine Soll-Ist-Abweichung bei der Pricing-
marge festgestellt und wenn möglich korrigiert
werden. Ziel ist es, durch folgende Fragen eine
maximale Kostentransparenz herzustellen:
• Welche Kosten sind insgesamt angefallen?
• Welche Änderungskosten wurden weiter-
berechnet?
• Welche Auswirkungen hatten interne
Fehler auf das Ergebnis
In der Praxis fehlt oft die Transparenz über ein-
zelne Margen oder erzielte Durchschnittspreise
von Aufträgen. Doch ohne diese Transparenz über
erzielte Preise und Margen können keine Hand-
lungsempfehlungen abgeleitet werden.
6. Pricing-BWA
Über eine laufende Pricing-BWA kann kontrolliert
und gesteuert werden, wie die Pricingmarge und
Pricingqualität sich entwickelt.
Unsere „Pricing-BWA“ plant und überwacht
die Marge ihrer Preise und steuert den größten
Gewinntreiber in Ihrem Unternehmen.
F A Z I T
Die Handhabung und der Umgang mit dem
Instrument Preis erfolgt oftmals unprofessi-
onell. Der Preis hat aber die größte Durch-
schlagskraft auf den Gewinn. Falsch einge-
setzt wird er zum Fluch für Unternehmen.
Zielgerichtet und differenziert genutzt, ist er
aber ein Segen.
Dienstag, 21.03.2017
H + F - Unternehmerfrühstück
zum Thema Pricing
1. Auftragsbeurteilung
Da sich Großaufträge häufig über mehrere Monate
hinziehen, ist eine
Bid-/No-Bid-Entscheidung
in einer sehr frühen Phase wichtig.
Ansonsten droht die Gefahr, dass man sich auf
Projekte stürzt und viel Zeit investiert, bei denen
die Gewinnaussichten nur sehr gering sind, der
Wettbewerber einen wesentlich besseren Kun-
denzugang hat oder der Handwerker ist nur der
„Hase“, der zum Pitch geladen wird, um dem
Wettbewerber den Preis kaputt zu machen.
Der Handwerker sollte auf jeden Fall bei Ausschrei-
bungen Kontakt zum Auftraggeber aufnehmen,
um weitere Informationen zu seiner Entscheidung
zu bekommen. Einer der wichtigsten Punkte ist
es, die eigene Rolle im Projekt zu verstehen.
Folgende Fragen helfen, die eigene Rolle besser
zu beurteilen:
• Welche Rolle habe ich?
• Wer ist der Preisbrecher?
• Was ist die Preisdifferenz zum
„wirklichen“ Wettbewerb?
• Wer kann mir zusätzliche
Informationen geben?
• Wer ist bevorzugter Handwerker?
Die Zeit, die Handwerker durch eine ehrliche Be-
antwortung von Bid-/No-Bid sparen, kann einge-
setzt werden, um die realistischeren Aufträge zu
gewinnen.
2. Margenvorgabe
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Beurteilung
der Projektkomplexität und der Margenvorgabe.
Es zeigt sich, dass bei fast allen Projekten nach
dem Gießkannenprinzip vorgegangen wird und
gleiche Margenvorgaben für komplexe Projek-
te und Projekte mit geringer Komplexität (Stan-
dardprojekte) vorliegen. Bei komplexen Projekten
kann dies zu erheblichen Verlusten führen.
Unsere Empfehlung: Stärkere Differenzierung
(= Unterscheidung) der Margenvorgaben:
komplexe Projekte – höhere Margen,
weniger komplexe Projekte – geringere Margen
Ralf Hecht
Diplom-Kaufmann Univ.,
Steuerberater
r.hecht@hecht-friedemann.de